Wenn ängstliche Menschen von Rückenschmerzen betroffen sind, konnte gezeigt werden dass diese stärkere, hartnäckigere und funktionell deutlich einschränkende Schmerzen entwickeln als diejenigen, die niedrige Angstwerte haben. Daher sollte Angst ein vorrangiges Ziel für Interventionen bei Rückenschmerzen sein.
Lesen Sie dazu die folgenden Auszüge aus Interviews mit Betroffenen:
John: „Ich würde mich niemals bücken, um etwas aufzuheben. Ich versuche mich bei allen Bewegungen möglichst fest und stabil zu machen (…) denn jedes Mal wenn es wehtut, geht wohl wieder etwas kaputt in meinem Rücken. Und dann mache ich jedes Mal alles noch mehr kaputt, bis es mich umhaut und ich endgültig aufgeben kann….”
(John, 42, Lehrer und seit 2 Jahren Rückenschmerzen)
Diese 2 Auszüge demonstrieren Schlüsselergebnisse unser kürzlich durchgeführten qualitativen Untersuchung über Furcht vor Bewegung bei Menschen mit chronischen Rückenschmerzen. Beide Betroffene zeigten hohe Werte auf der Tampa- Skala für Bewegungs-Angst, einem weitverbreiteten Instrument, um “ die Furcht vor Bewegungen und körperliche Aktivitäten zu messen, die fälschlicherweise verdächtigt werden, den Rücken erneut zu verletzen“. Hohe Werte im Tampa Scale (>37/68) werden benutzt, um Patienten zu identifizieren, die von Angstbewältigungs-Interventionen profitieren könne. Hier wird versucht, die zugrunde liegende Überzeugung, dass Schmerz ein Zeichen von Schaden darstellt, zu bearbeiten und zu verändern. Dennoch zeigen solche Interventionen nur moderate Effekte. Einige Individuen sprechen gut an, andere weniger gut und ein großer Teil (bis zu 1/3) brechen die Behandlung ab.
Die Ergebnisse unserer Studie könnten helfen, diese moderaten Effekte näher zu beleuchten. In den oben genannten Beispielen, beschreibt John die Furcht, dass schmerzhafte Aktivitäten seine Wirbelsäule weiter beschädigen würden (Beschädigungs-Überzeugung) während Emma ihre Furcht ausdrückt, dass schmerzhafte Aktivitäten sie in der darauffolgenden Zeit funktionell einschränken (Funktionsverlust-Überzeugung). Wir denken, dass John gut auf Interventionen ansprechen könnte, die auf die Beschädigungs-Überzeugungen abzielen, während Emma wahrscheinlich besser auf Interventionen, mit veränderten Schmerz-Kontrollstrategien gekoppelt an funktionelle Ziele reagieren dürfte. Wenn alle Patienten mit großer Furcht vor Bewegung Interventionen zu Beschädigungs-Überzeugung unterzogen werden, droht ein Verdünnungseffekt bezüglich der Ergebnisse, weil auch Patienten ausgewertet werden, die gar nicht glauben, dass Schmerz erneuten Schaden bedeuted.
Unsere Ergebnisse lassen vermuten, dass es wichtig sein könnte, die spezifischen Ängste zu identifizieren können, die unterschiedliche Patienten mit Rückenschmerzen haben, um gezielte und individualisierte Interventionen vornehmen zu können. Währen die Tampa-Skala ein hilfreiches Instrument sein kann, hohe Angstwerte zu diagnostizieren, müssten zu künftige Forschungsanstrengungen aufgebracht werden, Fragebögen zu entwickeln, die die individuell wirksamen Angstszenarien messen. Bis dahin sollten Kliniker erwägen, einfache Fragen in ihr Assessment von Patienten mit Rückenschmerzen und hohen Furchtwerten einfließen zu lassen wie zum Beispiel:
„Haben Sie Sorgen, dass eine schmerzhafte Aktivität Ihren Rücken beschädigen würde?“
„Haben Sie Sorgen, dass eine schmerzhafte Aktivität negative Auswirkungen auf alle anderen Dinge haben könnte, die Sie über den Tag tun müssen?“
Sam Bunzli ist seit 10 Jahren auf dem Gebiet der muskuloskelettalen Physiotherapie tätig und ist eine Doktorandin und Forscherin unter Professor Peter O’Sullivan und Dr. Anne Smith an der Curtin Universität.
Share this post