Eine kürzlich veröffentlichte Studie zeigt, dass Paracetamol nur geringfügige bis gar keine Effekte bei den zwei häufigsten Formen von chronischen Schmerzen – Wirbelsäulen-Schmerzen und Arthrose – hat. Dieses Ergebnis motivierte das Pain-ed-Team zu untersuchen, warum dies auch bei Rückenschmerzen zutrifft und welche Alternativen man stärker berücksichtigen sollte. Das betreffende Editorial ist hier publiziert.
Zusammengefasst gibt es eine überzeugende Evidenz dafür, dass Rückenschmerz von einer großen Bandbreite von Faktoren beeinflusst wird. Dieses ist wahrscheinlich bei den meisten muskuloskelletalen Schmerzen der Fall. Diese Faktoren beinhalten nicht nur physische (Z. B. Haltung oder bestimmte Bewegungen wie Bücken oder Heben) oder anatomische (zum Beispiel Bandscheiben- Veränderungen) Faktoren, die häufig für Rückenschmerz verantwortlich gemacht werden, in Wirklichkeit aber oft nur zu einem kleinen Anteil beitragen, wenn sich Rückenschmerzen nicht wieder bessern.
Die anderen relevanten Faktoren beinhalten Lebensstil-Faktoren (zum Beispiel Schlaf, Fitness, Aktivität, Stressmanagement, Ernährung), soziale Faktoren (Beziehung, finanzielle Sorgen, Unzufriedenheit am Arbeitsplatz), kognitive Faktoren (zum Beispiel die Vorstellungen der Patienten, was mit ihrem Rücken nicht in Ordnung wäre) und psychologische Faktoren wie Stimmung, Sorgen oder Ängste. Die Anteile dieser unterschiedlichen Faktoren können bei den Betroffenen erheblich variieren.
Unglücklicherweise fokussiert das Management von Rückenschmerzen (und vielen anderen Formen chronischer Schmerzen) in aller Regel auf die Behandlung der Symptome und nicht die Behandlung der Person. In anderen Worten erscheint es häufig einfacher, Medikamente, Massagen, manuelle Therapien oder andere einfache “Schnellreparaturen” zu verordnen, anstatt einem schmerzgeplagten Patienten ein personalisiertes , evidenzbasiertes Verständnis des Problems und einen Selbstmanagement-Plan zu vermitteln, der sowohl Lebensstil Veränderungen als auch aktive Übungen beinhaltet.
Es bedarf einer fundamental neuen Sichtweise, wie wir persistierendes Schmerzen verstehen und managen, wenn wir etwas an dem immer größer werdenden Problem von invalidisierender Behinderung durch Rückenschmerzen und der damit verbundenen Kostenexplosion ändern wollen. Dieses wird kaum geschehen, solange Ärzte, Therapeuten und große Teile der Gesellschaft nicht aufhören, Schmerz als einen eindeutigen Beweis einen Schaden an einer bestimmten körperlichen Struktur zu betrachten, während Schmerz tatsächlich aber von einer viel größeren Bandbreite von Faktoren beeinflusst wird.
Abschließend sollte die Tatsache, dass Paracetamol bei der Behandlung chronischer Schmerzen nicht effektiv ist, nicht zum Anlass genommen werden, früher stärkere Medikamente einzusetzen. Diese haben gezeigt, zahlreiche Nebenwirkungen zu haben, wie es in diesem Video sehr schön illustriert wird.
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